Überschreitung Zinken - Sorgschrofen (1636 m)


Publiziert von ju_wi , 12. Oktober 2009 um 20:16.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:28 September 2009
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 3:45
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 800 m
Strecke:9,8 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto nach Unterjoch
Unterkunftmöglichkeiten:Privatzimmer Hinterstein
Kartennummer:BayLV Allgäuer Alpen

Die Überschreitung des Sorgschrofen (1636 m) ist ein wenig Geheimtipp und als spannende Grattour selbst einigen Allgäu-Liebhabern nicht bekannt. Dabei dominiert dieses langgezogene Bergmassiv östlich der Wertach zwischen den Orten Unterjoch und Jungholz mit seinen schönen Felsgrattürmchen den Blick der Straße Oberjoch-Wertach. So hatte ich es schon frühzeitig ins Auge gefasst und wir waren im Sommer 2006 einmal auf den Sorgschrofen von Unterholz gekraxelt. Damals hatte ich mich - mit weniger Erfahrung - dort aber nicht so wohl gefühlt und die kleine AV-Gruppe bewundert, die uns beim Gipfel (wir waren nur bis zum letzten Turm vor dem Kreuz gegangen) nach einer Überschreitung des Zinken entgegenkam. Da die gesamte Überschreitung mit Pausen nicht länger als 4 Stunden erfordert, ist sie eine schöne kürzere Tour und damit ideal für unsere Rückfahrtage. Außerdem ist sie aufgrund der niedrigen Höhe und Sonnenexposition der O-Seite auch recht früh - bzw. im Herbst lange - schneefrei.

Wir haben an diesem freigenommenen Montag nach Kurzurlaub in Hinterstein nun wirklich auch genug vom Ostrachtal und der morgendlichen Wanderbusfahrt zum Giebelhaus, die wir an 3 aufeinanderfolgenden Tagen unternommen hatten. So war klar, wir mussten heute in ein anderes Gebiet. Nach Frühstück und Abschied von unserer Pensionsfamilie fahren wir mit dem Auto übers Oberjoch nach Unterjoch (1010 m) und parken zentral im Ort bei einem Gasthof. Von hier folgen wir zunächst dem Teersträßchen Richtung Zehrerhöfe, das in schönen Voralpenmatten einige Bauernhöfe passiert. An einer Weggabelung wendet man sich gemäß Schild (Zinken/Sorgschrofen blau-weiß markiert "Nur für Geübte") scharf nach links und erreicht mit dem Fahrweg bald die Häusergruppe der Zehrerhöfe (1140 m). Etwas anders als in unserer Karte führt der Weg rechts am oberen Haus vorbei und auf neu angelegtem Schotterweg ein Stück gerade den Hang hinauf, wo er kurz nach links abbiegt und dann wieder rechts ein Bachtal sehr steil hinaufführt. Dies ist aber alles bestens beschildert.

Recht steil ist zunächst der folgende Anstieg zum Grat, der nach einem Stück direkter Führung, dann doch nach rechts biegt und im Wald nun auf schönem, steinigem Pfad weiter hinaufquert. Schließlich wird eine breite Wiesenfläche erreicht, die die Wegführung für einen letzten Direktanstieg zum Grat nutzt. Oben ist ein erster Blick ins Wertachtal möglich. Dem hier breiteren Grat folgen wir mit dem Steig weiter N-wärts bergan. Etwas holprig ist die Waldführung und es gibt einige Aussichtspunkte ins Wertachtal oder zu den vor uns liegenden weißen Grattürmchen. Einige Minuten steigen wir so auf dem bewachsenen Gratrücken weiter bergan (einfaches Gehgelände), bis wir vor einem Felsen mit einem schmalen Durchgangsfenster auf einen Wegweiser treffen. Hier geht links ein Abstecher zum Zinken (1614 m) hoch, dem SW-Gipfel des Sorgschrofen, während in Gratfortsetzung die Überschreitung zum Hauptgipfel in 2 Varianten – einmal durch den schmalen Felsenriß und einmal drum herum – angeboten wird; mit entsprechender Warnung „Nur für Geübte!“.

Natürlich wollen auch wir zunächst dem Zinken einen Besuch abstatten und wenden uns nach links eine kurze Rampe hinauf, bis wir an einer vertikalen Felsstufe stehen, die in ca. 4 m Höhe ein großes Felsenfenster aufweist. Mit Drahtseil-Unterstützung erklettern wir das Fenster an recht guten Tritten (I+) und wenden uns auf der anderen Seite wieder nach links dem Fels zu, wo in einer weiteren, kurzen Felskletter-Passage durch die Flanke des Gipfelturms der Zinken mit Kreuz erstiegen wird. Die Besteigung des Zinken alleine von Unterjoch würde ich aufgrund dieser letzten Passage (recht kurz = 20-30 Hm) mit T4- und I bewerten. Vom Zinken eröffnet sich ein schöner Blick über den Gratverlauf zum Hauptgipfel mit vielen weißen Zacken und Türmchen.

Vom Zinken klettern wir wieder durch das Felsenfenster ab und zum Wegweiser zurück, wo wir unsere Stöcke abgestellt hatten. Nun wenden wir uns dem Übergang zu und wählen selbstverständlich die Variante durch den schmalen Felsspalt. Margit und ich schaffen es beide noch mit Rucksack hindurch, aber etwas breiter gebaute Personen werden hier schon die kurze Umgehung in der Flanke wählen müssen … Auf der anderen Seite führt die Markierung uns zunächst links auf die Gratschneide und quert diese dann aber in die W-Flanke. Wie wir aus anderen Berichten gelesen haben, ist ein direktes Folgen am Grat zunächst noch mit I-er Kletterei und ausgesprochen schmalen, ausgesetzten Stellen möglich, wird dann aber so stufig, dass man  III-er bis IVer Passagen meistern müsste. Folgt man – wie wir – den Markierungen in die W-Flanke, in der der ca. 20 Minuten dauernde Übergang auch bis zum Gipfel bleibt, so kann man einer deutlichen und gut markierten Trittspur folgen. Im Übergang sind praktisch keinerlei Kletterstellen zu meistern, die Schwierigkeit (T4+) rührt eher daher, dass der schmale, abschüssige und selbst bei schönem Wetter hier in der Schattenseite meist nass-rutschige Pfad sich in einer recht ausgesetzten, grasigen Flanke bewegt. Die Begehung ist daher schon vergleichsweise spannend. Da es bei uns sehr nass war, haben wir uns vor allem in den vorderen Abwärts-Passagen schon eher vorsichtig in kleinen Schritten - und mit den Händen immer in der feuchten, grasig-erdigen Flanke Halt suchend - vorwärts getastet. Zwischen den Flankenquerungen (hier keine Sicherung) sind ein paar schrofige Stufen zu übergehen. Zuletzt biegt schon in der W-Flanke des Gipfelturms des Hauptgipfels der Pfad aus der Grasquerung scharf rechts in eine schrofige Steilflanke, durch die mit Hilfe eines Drahtseils der Gipfelturm des Sorgschrofen (1636 m) schnell erstiegen wird. Hier auf Markierungen achten – Margit war an dem Schlenker in der Turmflanke schon vorbeigelaufen und in immer schmaler werdende Tritte geraten, als ich sie zurückrief!

Vom Sorgschrofen-Hauptgipfel eröffnet sich ein wirklich schönes Panorama. Das Highlight ist dabei sicher der Blick über den schönen zackigen Grat mit seinen weißen Kalkfelsen. Daneben schweift der Blick nach O zu den Tannheimern und Aggenstein, nach W und N ins Alpenvorland und Voralpen und natürlich nach S zu Iseler, Geißhorn und den anderen Gipfeln der Vilsalpseeberge. Vom Sorgschrofen setzen wir unseren Weg Richtung österreichische Enklave Jungholz fort, die übrigens genau auf dem Sorgschrofen-Gipfel über einen nur 1m breiten Steg mit dem Mutterland Österreich verbunden ist. Zunächst ist im Abstieg nochmals einfache Kletterei (I) gefragt. Man klettert ein paar Meter den Gipfelturm ab in eine Scharte, quert dort einen kleinen Zacken und klettert wieder auf zu einem fast genauso hohen zweiten Gratturm. Auch dieser wird in der N-Flanke wieder ein Stück abgeklettert und man stößt am Grat auf eine schrofige Rinne, die in der nun flacheren W-Flanke abgestiegen wird. Diese Rinne ist nicht mehr ausgesetzt, ist aber in erdig-schrofigem Untergrund sehr rutschig, so dass man weiterhin achtsam hinabsteigen muss. Nach unten hin wird die Rinne zunehmend flacher und angenehmer und geht in einen schmalen, horizontalen Quersteig Richtung Grat über. Das Flankengelände wird hier wieder steiler; bei einer felsigen Stelle bzw. einer mit Holzbalken befestigten Hangbrücke ist ein letztes Mal auf die Tritte zu achten. Dann sind mit Erreichen des Grates hinter einer stark Latschen-bewachsenen Felsstufe alle Schwierigkeiten überwunden.

Man folgt dem Gratverlauf noch ein Stück – mit schönen Blicken zurück zum Hauptgipfel und steigt schließlich steil im Gras hinab zu einer Liftstation, an der wir den Abstieg nach Jungholz verlassen und uns links zur Älpeles Alpe (1336 m) wenden. Wir passieren die Alpe, die heute geschlossen ist – uns ist nicht klar, ob sie im Sommer bewirtschaftet wird. In weiten Schleifen führt uns der Weg weiter den Hang hinunter. Am unteren Ende einer brachliegenden Weidefläche stoßen wir an einem Zaun auf einen Wegweiser, der uns bald auf einen schönen Forstweg Richtung Unterjoch zurück weist.

Wir blicken auf eine sehr gelungene kurze Tour mit verhältnismäßig wenigen Anstiegsmetern und dennoch genügend Kraxeleinlagen und Spannungsmomenten zurück – absolut weiterzuempfehlen.


Tourengänger: ju_wi


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 1304.gpx Zinken - Sorgschrofen

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